Wien - Am Donnerstag läuft das Ultimatum ab. Und es wird - wie der STANDARD bereits berichtete - folgenlos verstreichen. Bis 27. November, also bis zur letzten regulären Landtagssitzung in diesem Jahr, wollte sich der grüne Klubobmann David Ellensohn mit SP-Klubchef Rudolf Schicker auf ein neues Wiener Wahlrecht einigen. Von einem rot-grünen Kompromiss sind die Verhandlungspartner aber weiterhin weit entfernt. Laut Ellensohn gibt es die nächste Chance auf eine Einigung im Jänner 2015.

Ellensohn hatte im September mit einer "friedlichen Scheidung" gedroht, sollte es am 27. November keinen Stadtregierungsbeschluss geben. Davon will der grüne Klubchef offiziell nichts mehr wissen. Dabei sollen die Fronten im Streit um das Wahlrecht derart festgefahren sein, dass Beobachter seit Monaten keinen Fortschritt erkennen können.

Abgekühltes Koalitionsklima

Macht Ellensohn seine Ankündigung wahr und legt die grünen Vorschläge bei Ausbleiben einer Einigung bis 27. November offen auf den Tisch, könnte die SP das als Affront auffassen. Das vorzeitige Ende der Koalition wäre eine mögliche Folge. Insider halten diese Variante für durchaus realistisch. Das Klima innerhalb der Koalition hat sich gerade durch die ergebnislosen Gespräche zum Thema Wahlrecht empfindlich abgekühlt.

Regulär soll die Wien-Wahl Anfang Oktober 2015 stattfinden. Neben dem zugespitzten Streit um das Wahlrecht spricht aber auch die vorverlegte SP-Klubtagung 2015 für einen früheren Wahltermin. Wie DER STANDARD in Erfahrung bringen konnte, soll die Tagung Ende Februar - also rund drei Wochen früher als in den vergangenen Jahren - im burgenländischen Rust stattfinden. Eine Vorverlegung der Wahl auf Ende Juni wird von der Stadtregierung nicht ausgeschlossen.

Gesichtswahrung

Die Verhandlungen um ein neues Wahlrecht laufen seit mehr als drei Jahren. In vielen Punkten sind sich die Parteien einig, es spießt sich aber an der mehrheitsfördernden Komponente, die die SP bevorzugt. Die Grünen wollen nicht mehr, dass die Roten - wie bei der Wahl 2010 - mit 44,34 Prozent der Stimmen 49 von 100 Mandaten einheimsen können.

Eine Änderung wird es laut Schicker geben. Aber sicher nicht so, wie es sich die Grünen wünschen. "Wir waren mit dem bisherigen Wahlrecht nicht unzufrieden." Die Grünen fordern, dass die Wählerstimmen möglichst genau in Mandaten abgebildet werden. Beide Parteien kämpfen darum, ihr Gesicht zu wahren. Eine Änderung des Wahlrechts ist nötig, weil das aktuelle unter anderem wegen der Briefwahlbestimmungen verfassungswidrig sein könnte. (David Krutzler, DER STANDARD, 26.11.2014)